Page 62 - divemaster Ausgabe 114 - Okt/Nov/Dez 2022
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naturschutz
TEXT & FOTOS:
SABINE KERKAU
ch kenne niemanden, der das Meer
nicht liebt. Viele Menschen freuen
sich das ganze Jahr auf Strandferien
und romantische Sonnenuntergänge am
Meer. Hier scheint die Welt noch in Ordnung.
Wer denkt schon groß darüber nach, was es
bedeuten könnte, wenn beim abendlichen
Strandspaziergang hier und dort ein Stück Netz
aus dem Sand ragt. Auch die Plastikflasche,
die noch im warmen Sand steckt wird schnell
ausgeblendet. Sie stört sonst das perfekte Bild
vom Paradies. Die Wenigsten von uns würden
sie einsammeln und entsorgen. Warum auch,
am nächsten Morgen, wenn die Flut zurück
geht, ist sie vermutlich sowieso nicht mehr da.
UNTER DER OBERFLÄCHE
Von der starken Belastung unserer Meere
durch Plastikmüll und ganz besonders Mik-
roplastik hat inzwischen jeder gehört (dive-
master #98, 99, 100). Kaum jemand kann sich
allerdings vorstellen wie groß dieses Problem
wirklich ist und was es für die Flora und
Fauna der Meere und auch für uns Menschen
bedeutet. Der Grund ist sehr einfach, das Dra-
ma spielt sich unter der (Wasser)Oberfläche
ab und ist somit für die meisten Menschen
unsichtbar.
Mir ging es bis vor einigen Jahren nicht anders.
Sicher habe ich bei meinen Tauchgängen im-
mer wieder einmal Netze gesehen. Ernsthaft
darüber nachgedacht habe ich nie. Das änderte
sich erst vor sechs Jahren, als ich zum ersten
Mal zum Wracktauchen in der Ostsee vor
Litauen unterwegs war. Viele Wracks vor der
litauischen Küste sind noch unerforscht und
in den Seekarten nicht verzeichnet. Sie befin-
den sich in Tiefen zwischen 40 und 90 Meter.
Hier wurde und wird sehr viel Schleppnetz-
fischerei betrieben. Schon bei meinen ersten
Tauchgängen an diesen Wracks war ich über
die unvorstellbar großen Mengen an Netzen
schockiert, die ich dort zu sehen bekam. An
manchen Stellen konnte ich das Wrack unter
den vielen Netzschichten gar nicht mehr er-
kennen. Diese Bilder liessen mich nicht mehr
los. Ich sprach mit einigen einheimischen
Tauchern über meine Entdeckung und sie
bestätigten, dass es dieses Problem an sehr
Bojen in Geisternetzen stellen ein großes Schiff-
fahrtshindernis dar, da sie das Netz aufgespannt
halten. Dafür geht dadurch die Bergung schneller.
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