Page 16 - divemaster Ausgabe 106 - Okt/Nov/Dez 2020
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eisbären























                                                                                EISBÄREN









                                                       FOTOS: AMOS NACHOUM
                                              TEXT : DR. FRIEDRICH NAGLSCHMID
                                             GRAFIKEN: STEPHANIE NAGLSCHMID



              isbären sind in der Folge eines Klima-  weit bis in den Süden der Andenkette vorkommt
              wandels entstanden und könnten genau   und der bis Malaysia im Südosten Asiens anzutref-
            so schnell wieder als Folge des Klimawan-  fende Malaienbär (Helarctos malayanus) hinzu. Nicht
         dels verschwinden. Doch halt, Letzteres ist noch   vergessen darf man den Höhlenbär (Ursus spelaeus),
        nicht sicher. Ersteres schon, denn das früheste   ein Pflanzen fressender Riese, den der eiszeitliche
        nachweisbare Vorkommen von Eisbären liegt ge-  Mensch in seinen Höhlenzeichnungen ehrte, gleich-
        rade einmal 150.000 Jahre zurück. Die nördliche   zeitig jagte und verzehrte und sozusagen als Woh-
        Halbkugel der Erde ist beginnend vor etwa 40 Mil-  nungskonkurrent auch gleich ausrottete. Alle diese
        lionen Jahren und verstärkt seit dem späten Tertiär,   Arten zählen bei einfacher Betrachtung zu dieser
        also seit etwa 2,5 Millionen das Territorium der Bä-  Gattung Ursus und natürlich auch der Eisbär (Ursus
        ren. Der ständige Wechsel von mehr als 25 Kalt- und   maritimus), um den es hier hauptsächlich geht
        Warmzeiten allein in der letzten Million Jahre und
        das damit verbundene Auftauchen und Verschwin-  DER EIS- ODER POLARBÄR
        den von Landbrücken begünstigten die Verbreitung   Ursus maritimus ist aus heutiger Sicht eine in der
        der Bären und die Entstehung neuer Arten.    nördlichen Region circum polar verbreitete, aus ver-
                                            schiedenerlei Gründen wohl vom Aussterben be-
        DIE ECHTEN BÄREN ODER GROSSBÄREN    drohte Art. Diese Art ist perfekt an die Kaltzeiten an
        der Gattung Ursus sind heute in Nordamerika, ver-  Klima, Boden- und Eisbeschaffenheit und als Jäger
        treten durch den Schwarzbär (Ursus americanus) im   und Ausdauerschwimmer angepasst.  Wegen Letz-
        nördlichen Asien und in Europa, hier sogar bis nach   terem heißt er ja auch maritimus, hat zwischen den
        Spanien in den Pyrenaen, in den italienischen Ab-  Zehen bis zur Hälfte Schwimm- oder Spannhäute,
        ruzzen und den Balkanstaaten mit der Art Braunbär   breitere  Vorderfüße zum besseren Schwimmen
        (Ursus arctos) anzuftreffen. Von Japan bis über den   und einen gestreckteren Körperbau als Braunbären.
        westlichen  Himalaya  hinaus  begegnet  man  dem   Der schlankere Schädel auf etwas gestreckterem
        Kragenbär (Ursus thibetanus), der Himalay und der   Hals weist auf die  Wasseraffinität hin. Eine dicke
        subindische Kontinent sind die Heimat des Lippen-  Fettschicht, zusammen mit einem dichten Fell, iso-
        bärs (Melursus ursinus).            liert die bis 1.000 Kilogramm schweren Kolosse so-
        Am bekanntesten und beliebtesten, zumindest   wohl im Wasser, als auch in der Luft. Als Ausdauer-  Die breiteren Vorderpranken, mit Spannhäuten zwi-
        bei  den Zoobesuchern,  ist  der  vom  Aussterben   schwimmer schaffen sie es bei Bedarf Hunderte von   schen den Zehen, kräftigen langen Krallen und teil-
        bedrohnte Große Panda (Ailuropoda melanoleuca).   Kilometern im Meer zurückzulegen und wie Amos   weise behaarten Sohlen sind die ideal angepassten
        Kommen noch Brillenbär (Tremarctos ornatus), der   beobachten konnte, auch über zehn Meter tief zu   Kombiorgane zum Schwimmen, Jagen, Kämpfen,
                                                                                Graben, Klettern und Laufen auf glattem Eis.




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