Page 25 - divemaster Ausgabe 114 - Okt/Nov/Dez 2022
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fänger aus Weidengeflecht. An den Schmalseiten des Sees stehen die
           Gebäude der Bildhauer-Arbeitshalle und der kleinen Tauchbasis.
           Über einen Waldpfad und ein paar Stufen gelangen wir zum Wasser.
           Im klaren Flachwasser sind reiche Pflanzenbestände zu sehen. Der
           See Krabatstein hat seine besondere Magie. Wenn wir ins grüne
           Wasser abtauchen, sehen wir, dass der See auf seinen Granitstufen
           ringsum von einem dichten Tausendblattgürtel umgeben ist, in dem
           zahlreiche Fische spielen. Es gibt eine kleine Schilfzone, Hornblatt,
           einige Krebsscheren-Pflanzen und vorgelagerte Seerosenflächen.
           Über einen flachen Kanal wird ein kleiner Nebensee erreicht, der   * Diese beiden Skulpturen wurden neben zehn weiteren Figuren während der
           von versunkenen Bäumen, im Wasser grünenden Weidenbüschen   UW-Kunstwoche im Juni 2022 geschaffen. Die Künstler: Gabi Zschornak,
           voller Schleimalgenvorhänge und von prächtigen Süßwasserschwäm-  Bernhard Männel, Thomas Baier, Thomas Reimann, Ryzchard Liwiniuk.
           men geprägt ist. Die prächtigen Geweihschwämme erscheinen wie
           eine organische Ausgabe von surrealistischen Kunstwerken. Im von
           Felsbrocken geprägten, nur ein bis vier  Meter tiefen Nebensee wird
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           üblicherweise geschnorchelt. Die visuelle Stimmung dieses See-Teils
           ähnelt stark fernen Lebensräumen mit Mangroven. Ein frisch-grünes
           „Mangroven-Revier“ mit besonders großen Seerosenflächen.
           Beim Abtauchen zu den unterseeischen Kunstgalerien sehen wir ros-
           tige Stelen aus alter Zeit, eine verwitterte Kriegermaske und eine Art
           Gnom. Im Bereich der neuen Kunstwerke fällt eine Art schwebende
           Barke ins Auge. Dieses Kunstwerk aus Eichenholzsegmenten ist als
           „Metamorphose“ betitelt.  Auf ausgedehnten Granitplattformen ent-
           decken wir den (Lausitz typischen) Storch aus Holz, einen granitenen
           Fisch, eine Granit-Stele mit Tauchermaske und ein verwunschenes
           Kunstwerk aus Sandstein mit Trichopteren-artigen Röhren. Sogar
           eine riesengroße Holzschnecke, deren Form den bekannten Rapana-
           Schnecken des Schwarzen Meeres ähnelt, steht auf einer Granitplatte
           im grünen Dämmerlicht. Von einem Kunstwerk aus sind jeweils
           wenigstens die Silhouetten weiterer Skulpturen zu sehen. Selbstver-
           ständlich ist diese neue Unterwassersammlung die herausragende
           Besonderheit des Steinbruchsees Krabatstein. Doch ganz nebenbei ist
           der Steinbruchsee auch noch reich an Wasserpflanzen und Fischen.
           An vielen Steilwänden im See sind deutlich die Reihenbohrungen im
           Profil zu sehen, mit denen einst die Steinarbeiter Rohblöcke aus dem
           massiven Fels aussprengten. Wer düstere und kalte Tiefen bis hinun-
           ter auf 27 Meter erkunden will, kann dort auch noch ein Bootswrack,
           Reste der Steinbruch-Kabelkrananlagen, ein Sprengmeisterhäuschen
           und diverse technische Bergbau-Installationen finden. Während die
           Kunstwerke leichthin auch im sommerlichen Schnorchel-Anzug
           besucht werden können, sind die Besonderheiten der Tiefe allein im
           Trockenanzug mit Genuss zu erschließen.
           Das Umfeld des Sees ist ein durch wenige Wirtschaftswege erschlos-
           senes lichtes Waldstück voller Kunstwerke. Man könnte den See als
           ein Integrationsprojekt aller Gutwilligen für ein gutes niveauvolles
           Leben auf dem Lande betrachten. Am Gelände arbeiten und verschö-
           nern gemeinsam der Kunst- und Bildungsverein „Steinleicht e. V.“,
           der Freiberger Tauchverein, die Gemeinde Nebelschütz und deren
           Bauhof sowie zahlreiche Künstler. Viele Sponsoren aus der Region
           helfen mit, vor allem die Bildhauerwerkstatt und nun auch wieder
           die Unterwasserkunst-Woche zu verstetigen.
           Rund um den Felssee sehen wir viele Bienenvölker, Hochbeete,
           Pflanzungen in Permakultur, Kräuterhügel, Insektenhotels, einen                FALK WIELAND
           historischen Backofen und ein slawisches Langhaus. Ein Umwelt-       ist Techniker zweier Institute der
                                                                  Umweltwissenschaften an der TU Dresden, Autor von
           bildungszentrum, die AG Selber Bildhauen, Naturschutzkonzepte,   mehr als zehn Tauchbüchern zu Süßwasser und Ostsee
           Tauchsport und traditionelles Landleben sind eine sehenswerte   und taucht seit vier Jahrzehnten als Sporttaucher und
           Fusion eingegangen.                                     seit 1999 als staatlich geprüfter Forschungstaucher.




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