Page 31 - divemaster Ausgabe 114 - Okt/Nov/Dez 2022
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und die ebenso bereits besprochenen Herzrhythmusstörungen ausgelöst
werden. Abgesehen von der leichtesten Form der Herzinsuffizienz, bei
der eine gute Belastbarkeit des Probanden sowie die Pumpfunktion des
Herzens gegeben ist (NYHA I), besteht bei allen Formen der Herzinsuffi-
zienz keine Tauchtauglichkeit.
KORONARE HERZKRANKHEIT (KHK)
Die koronare Herzkrankheit (KHK) gehört zu den wichtigsten Volks-
krankheiten und stellt weltweit die führende Ursache kardiovaskulärer
Todesfälle dar. Sie beruht auf atherosklerotischen Veränderungen und
eine damit einhergehende Einengung der Herzkranzgefäße (Koronarien),
die zu einer Minderdurchblutung der Herzmuskelzellen (Kardiomyozy-
ten) führen können.
Der Herzinfarkt (Myokardinfarkt) im Rahmen des Akuten Koronarsyn-
droms (ACS) stellt die am meisten fortgeschrittene Stufe der KHK dar.
Bei stabiler KHK ist die Tauchtauglichkeit bei normaler, beschwerdefreier
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Belastbarkeit, unauffälligem Herzultraschall, ggf. unauffälliger Herz-
muskel-Bildgebung, wie zum Beispiel dem Myokardszintigramm und gut
kontrollierten Risikofaktoren gegeben.
Im Falle eines Herzinfarkts mit oder ohne anschließender Herzkatheter-
Untersuchung und sukzessiver Stent-Implantation oder Bypass-Ope- Abb. 2 Cutis marmorata als Folge einer lymphokutanen DCS.
ration im Falle einer Mehrgefäß-KHK besteht für zunächst ein Jahr eine Diese Form der Symptomatik findet sich häufig bei Taucherinnen
pauschale Tauchpause bis zur erneuten Re-Evaluation einer Tauchtaug- und Tauchern mit einem PFO. Formal handelt es sich in diesem
lichkeit. Eine Tauchtauglichkeit ist abhängig von der Belastungsfähigkeit Fall um eine arterielle Gasembolie (AGE) aufgrund des Shunt-Me-
des Herzens und wird mittels EKG, Herzultraschall und Belastungs-EKG chanismus zwischen beiden Vorhöfen und daher laut Klassifika-
durch den Tauchmediziner oder den Facharzt für Kardiologie überprüft. tion um eine DCI.
Bei guter Belastungsfähigkeit und Pumpfunktion des Herzens ist eine
Tauchtauglichkeit erteilbar, diese allerdings unter Umständen in Abhän-
gigkeit der Befunde mit Einschränkungen.
ANGINA PECTORIS HERZKLAPPENERKRANKUNGEN
Die Angina pectoris beziehungsweise der Angina pectoris-Anfall be- Herzklappenerkrankungen, sogenannte Klappenvitien können zweierlei
schreibt ein schmerzhaftes Engegefühl beziehungsweise schmerzhafte Ursachen haben. Zum einen handelt es sich um primäre Ursachen durch
Beklemmung in der Brust oder Herzgegend, häufig mit Ausstrahlung der Schäden oder Fehlbildungen an den Herzklappen selbst, zum anderen
Schmerzen in den linken Arm, in den Hals, den Unterkiefer sowie in den um sekundäre Ursachen durch Veränderung der Anatomie der Herzhöh-
Oberbauch und den Rücken aufgrund von Sauerstoffunterversorgung der le zum Beispiel durch strukturelle Herzerkrankungen, wie etwa hervorge-
Herzkranzgefäße (Ischämie). Diese Beschwerden treten in der Regel an- rufen durch jahrelangen Bluthochdruck (hypertensive Herzkrankheit).
fallsartig auf, insbesondere bei körperlicher Belastung. Bei fortgeschrittenen Herzklappenerkrankungen treten Leistungsmin-
Angina pectoris beim Tauchen kann Panik mit unkontrolliertem Verhal- derung mit Luftnot, Brustschmerz und auch Bewusstlosigkeit, sog. Syn-
ten unter Wasser auslösen. Die Unterversorgung mit Sauerstoff kann zu kopen auf. Die Gefährdung beim Tauchen besteht vor allem durch eine
Herzrhythmusstörungen, Pumpschwäche, Luftnot bis hin zur Wasseran- akute Kreislaufbelastung mit Luftnot, akuter Leistungsminderung und
sammlung in der Lunge (Lungenödem) und schließlich zum plötzlichen möglicher Bewusstlosigkeit. Daher besteht eine Tauchtauglichkeit bei
Herztod unter Wasser führen. Daher besteht bei diesem Krankheitsbild Herzklappenerkrankungen ausschließlich bei normaler Belastbarkeit und
keine Tauchtauglichkeit. positiver kardiologischer Stellungnahme zum Tauchen. Nach operativem
Klappenersatz oder Klappenrekonstruktion kann eine Tauchtauglichkeit
HERZSCHRITTMACHER frühestens ein Jahr nach Intervention bei erhaltener körperlicher Leis-
Taucherinnnen und Taucher, die Träger von Herzschrittmachern sind, tungsfähigkeit und erhaltener bzw. wiederhergestellter Pumpfunktion des
sind nicht prinzipiell vom Tauchsport ausgeschlossen. Nach Prüfung der Herzens bestehen.
Drucktauglichkeit des Geräts, bei guter körperlicher Belastbarkeit der
Taucherin bzw. des Tauchers und wenn keine relevante kardiale Grund- PERSISTIERENDES FORAMEN OVALE (PFO)
erkrankung dagegenspricht, kann Tauchtauglichkeit bestehen. Ein persistierendes Foramen ovale (PFO) stellt einen natürlichen, nach
Träger von implantierbaren Cardioverter-Defibrillatoren (ICD) bzw. kar- der Geburt allerdings nicht gänzlich verschlossenen Kurzschluss zwi-
dialer Resynchronisationstherapie (CRT) (Abb.1) sind aufgrund der in schen rechtem Herzvorhof (Atrium) und linkem Herzvorhof dar und tritt
der Regel ausgeprägten kardialen Grunderkrankung, die die Implantation bei 20 bis 30 Prozent der Menschen auf.
dieser Systeme zum Schutz vor lebensbedrohlichen Herzrhythmusstö- In der Regel bleibt es lebenslang unbemerkt, da kein Einfluss auf die kör-
rungen bzw. plötzlichen Herztod notwendig machen, vom Tauchsport perliche Leistungsfähigkeit unter normobaren Bedingungen besteht. Bei
ausgeschlossen und eine Tauchtauglichkeit ist nach Implantation dieser erhöhtem intrathorakalen Druck (Druck im Brustkorb), wie zum Beispiel
Geräte nicht mehr gegeben. beim Druckausgleich, Husten oder Niesen ist allerdings ein Übertritt von
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