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Stadien dieser Lungenerkrankung. Hier ist vor allem die erhöhte Gefahr
eines Pneumothorax (Lungenriss) zu nennen, der durch die überblähten
Lungenbereiche (Lungenemphysem) in der Dekompressionsphase ent-
stehen kann (Abb. 1). Prinzipiell ist der Pneumothorax auch bei nicht
vorbestehendem Lungenemphysem bei der COPD analog zum Asthma
bronchiale durch Air trapping und der dafür bereits aufgeführten Ri-
sikofaktoren möglich. Die Folge eines Lungenbarotraumas kann eine
arterielle Gasembolie sein, bei der Atemgas in kleine Endarterien (Arte-
riolen) entweicht und am engsten Punkt verstopft, sodass nachfolgende
Versorgungsbereiche von der Blut- und demnach auch Sauerstoffzufuhr
abgeschnitten sind. Es kommt zur Schädigung von nachfolgenden Zel-
len und deren Untergang sowie zu Entzündungsprozessen, die schwere
gesundheitliche und prinzipiell lebensbedrohliche Auswirkungen haben
können (siehe Info-Box IV. und Grafik 3). Aufgrund des hier Ausgeführ-
ten schließt das Vorhandensein eines Lungenemphysems bei COPD-Pa-
tientinnen und -Patienten eine Tauchtauglichkeit aus. Weiterhin besteht
bei jeglichem Grad der Einschränkung der Lungenfunktion, das heißt
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bei bestehender Atemwegsobstruktion aufgrund der beschriebenen
fehlenden Reversibilität der Atemwegsverengung, eine absolute Kontra-
indikation gegenüber der Ausübung des Tauchsports. Zusammenfas-
send lässt sich zur Tauchtauglichkeit bei COPD festhalten, dass nur
das Krankheitsbild einer chronischen Bronchitis, die mit Husten und
Schleimproduktion einhergeht, allerdings ohne Einschränkung der
Lungenfunktion mit dem Tauchen vereinbar ist. Die chronische Bron-
chitis kann gewissermaßen als Vorstufe der COPD gesehen werden.
Der konsequente Rauchverzicht kann ein Fortschreiten der Erkran-
kung zur COPD gegebenenfalls verhindern.
Fazit: Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Asthma bronchiale
nicht prinzipiell eine Kontraindikation gegenüber dem Tauchen dar-
stellt. Bestimmte oben ausgeführte Stadien dieser chronischen, aber
mit reversibler Obstruktion einhergehenden Atemwegserkrankung,
können mit dem Tauchen vereinbar sein, sofern die Symptomkontrol-
le gegeben und die Lungenfunktion unauffällig ist sowie die körper-
liche Belastungsfähigkeit erhalten bleibt.
Die COPD ist in allen Stadien, insbesondere bei Vorhandensein
eines Lungenemphysem, mit dem Tauchsport nicht zu vereinbaren.
Lediglich für die chronische Bronchitis, die durch Husten und Aus-
wurf gekennzeichnet ist, aber noch nicht durch eine Obstruktion mit
Einschränkung der Lungenfunktion sowie dem Fehlen eines Lungen-
emphysems, besteht eine relative Kontraindikation gegenüber der
Ausübung des Tauchsports.
Taucherinnen und Taucher mit den beschriebenen Lungenerkrankun-
gen sollten vor dem Hintergrund des in diesem Artikel Ausgeführten
neben einer taucherärztlichen Vorstellung zum Ersterwerb oder Wie-
dererwerb einer Tauchtauglichkeit auch eine Vorstellung beim Fach-
arzt für Pulmologie (Lungenfacharzt) anstreben. Eine Entscheidung
zur Tauchtauglichkeit sollte schließlich im gemeinsamen Konsens
durch den Tauchmediziner und Lungenfacharzt
unter Berücksichtigung aller Befunde getroffen
werden.
DR. DR. PHILIPP STAHL
MHW Medical Board,
Facharzt für Innere Medizin,
Notfallmedizin,
Tauchmedizin und Reisemedizin.
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