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und viskoser ist. Unter Verwendung von For-
                                                                                   mel (2) kann das tiefenabhängige MVV extra-
                                                                                   poliert werden (Abb. 7), was ein MVV von 217
                                                                                   l/min an der Oberfläche und 75 l/min in 90
                                                                                   Meter Tiefe ergibt.
                                                                                   In einem nächsten Schritt wird angenommen,
                                                                                   dass Gase im Zusammenhang mit der Atmung
                                                                                   denselben physikalischen Prinzipien folgen.
                                                                                   Unter dieser Annahme kann das MVV für He-
                                                                                   liox 86/14 vernünftigerweise aus den Werten
           Abb.  6:  Das maximale Beatmungsvolumen (MVV) von Dc mit Luft als Funktion der Tiefe (rot). Ähnliche   für Luft und Heliox 79/21 extrapoliert werden
           Kurven sind für untrainierte (gepunktet) und trainierte (gestrichelt) Taucher [16] und für Taucher bis zu 60 m   (Abb. 8), was zu leicht erhöhten MVV-Wer-
           Tiefe [17] (blau) dargestellt. Die schwarze Linie wurde aus einem in den ISO-Normen (EN 250) [18] enthalte-  ten an der Oberfläche führt (221 vs. 217 L/
           nen Wert für 50 m extrapoliert.                                         min). Die Anwendung von Formel (2) führt zu
                                                                                   einem MVV von 75 l/min für die Tiefe von 90
                                                                                   Meter (Abb. 8).
    NATUR   l   EXPEDITION   l   WISSENSCHAFT   l   MEDIZIN   l   AUSBILDUNG   l   TECHNIK   l    FOTO   l   HISTORIE
                                                                                   Es wird angenommen, dass ein solches MVV
                                                                                   aus einer maximalen freiwilligen Hyperventi-
                                                                                   lation resultiert. Um nicht von einer Hyper-
                                                                                   ventilationstetanie betroffen zu sein, sollte das
                                                                                   MVV nicht länger als etwa zehn Sekunden
                                                                                   anhalten. Werte, die bei anstrengender Arbeit
                                                                                   aufrechterhalten  werden  können,  liegen  mit
                                                                                   65-75 Prozent  deutlich niedriger und würden
                                                                                   somit zwischen 49 und 56 l/min (Mittelwert:
                                                                                   52,5 l/min) liegen (siehe Abb. 7).
                                                                                   Ein Atemminutenvolumen (RMV) von 52,5 l/
                                                                                   min hätte 7.000 Liter Heliox an der Oberfläche
                                                                                   innerhalb von zirka 130 Minuten verbraucht,
                                                                                   das heißt innerhalb von 13 Minuten in 90 Me-
                                                                                   ter Tiefe. Dieser Zeitraum deckt sich nahezu
                                                                                   mit einer Aussage des Botsmanns, der elf Mi-
                                                                                   nuten nach Durchtrennung der Nabelschnur
           Abb.  7:  Tiefenabhängige maximale Beatmungswerte (MVV) für Heliox 79/21 (rot). Diese Kurve wurde aus   sagte: "Ich muss davon ausgehen, dass Dc kein
           einem einzigen Wert (MVV: 130 l/min; Tiefe: 20 m) [19] unter Verwendung von Formel (2) extrapoliert. Das   Atemgas mehr abgibt". Der "offizielle"  Zeit-
           MVV für Heliox 86/14 (blau) ist etwas nach oben verschoben, da diese Mischung weniger dicht und zähflüs-  raum einer 5-minütigen Versorgung mit Not-
           sig ist. Die grüne Kurve stellt die Atmungswerte bei sehr schwerer Arbeit dar.  fall-Heliox ist also sehr schwer zu verstehen.
                                                                                   Bisher geht man davon aus, dass Dc über 13
                                                                                   Minuten 525 l/min geatmet hat, was einem
                                                                                   Wert für sehr schwere Arbeit (=290 W/m2)
                                                                                   entspricht. Diese 13 Minuten müssen also im
                                                                                   Detail analysiert werden.
                                                                                   In einem späteren Interview erklärte Dc: "...
                                                                                   ich war von Panik ergriffen ...". Diese Reaktion
                                                                                   ist leicht zu verstehen. Unmittelbar nachdem
                                                                                   die Nabelschnur durchtrennt worden war,
                                                                                   wurde er von der Plattform geschleudert und
                                                                                   fand sich auf  dem Rücken liegend auf  dem
                                                                                   Meeresgrund  wieder.  Höchstwahrscheinlich
                                                                                   war die Panik mit einer starken psychogenen
                                                                                   Hyperventilation (=75 l/min) verbunden, die
                                                                                   maximal 20 Sekunden andauern konnte. Eine
                                                                                   längere Dauer erscheint unrealistisch, da sie zu
                                                                                   einer Hyperventilationstetanie und sogar zur
                                                                                   Bewusstlosigkeit aufgrund einer respiratori-
                                                                                   schen Alkalose geführt hätte.
           Abb.  8:  Lineare Extrapolation des maximalen Beatmungsvolumens (MVV) für Heliox 86/14 aus Luft- und   Dc beruhigte sich offensichtlich und kletterte
           Heliox 79/21-Werten. Für Heliox 86/14 ergab sich ein Oberflächenwert von 221l/min.  nach erfolgreicher Suche nach der Stahlkons-




                                                                                                          divemaster    #115    |   39
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